VFR–Night Ausbildung

Früher war alles viel einfacher…

Man machte 10 Starts und Landungen bei Dunkelheit und schon hatte man die sogenannte „Kleine Nachtflugberechtigung“ und konnte in der Umgebung des Flugplatzes herumfliegen, wenn man im Luftraum GOLF blieb.
Nach dem Start und dem Verlassen der Platzfrequenz war man nur noch auf sich selbst gestellt.
Manche Piloten legten das recht großzügig aus, und die „Umgebung“ von Mannheim lag so in etwa zwischen Odenwald und Pfälzer Wald und konnte auch mal bis nach Karlsruhe reichen. Eine hohe Toleranz hatten wohl nicht wenige auch gegenüber der vertikalen Ausdehnung des Luftraums GOLF.

Wollte man offiziell im Luftraum ECHO und auch außerhalb der Umgebung des Flugplatzes unterwegs sein, hatte man vorher noch eine Hürde zu bewältigen, und zwar den Erwerb der CVFR-Berechtigung und fünf Stunden Nachtflugtraining. Erst dann durfte man – allerdings nur mit Flugplan – in den kontrollierten Luftraum einfliegen.
Zusätzlich war man verpflichtet, Funkkontakt mit einer Flugverkehrskontrollstelle zu halten.

Einiges hat sich geändert.

Mit JAR-FCL ist die CVFR-Ausbildung in den PPL (A) quasi mit integriert worden. Zusätzlich benötigt man – ähnlich wie vorher – fünf Stunden Nachtflugausbildung. Darin enthalten sein müssen mindestens 5 Starts und Landungen bis zum völligen Stillstand, mindestens 3 Stunden Nachtflug mit Fluglehrer und mindestens eine Stunde Überland-Navigation. Landungen auf fremden Flugplätzen sind nicht zwingend vorgeschrieben.
Danach bekommt man die Nachtflugqualifikation in die Lizenz eingetragen.

Fangen wir mal mit dem Fliegen in der Umgebung des Flugplatzes an. Für
Mannheim bedeutet dies im Prinzip, dass man aus der Kontrollzone rausfliegt. Das heißt, dass man einen Flugplan aufgeben muss, auch wenn man in Luftraum GOLF bleibt.
Des Weiteren ist Funkkontakt mit einer Flugverkehrskontrollfrequenz oder FIS aufzunehmen, in Mannheim nach Verlassen der TWR-Frequenz i. A. LANGEN INFORMATION.

Verlassen wir jetzt die Umgebung des Flugplatzes und fliegen z.B. von Mannheim nach Baden Airport (EDSB) und zurück.
Dass ein Flugplan aufgegeben werden muss ist klar. Aber selbst nach nur einem Touch and Go auf dem Baden Airport sind zwei Flugpläne erforderlich – einer von Mannheim nach Baden, einer zurück.
Bis Dezember 2014 erhielt man vor dem Start von MANNHEIM TWR eine VFRNight-Clearence: „cleared to Karlsruhe Baden, via Karlsruhe VOR, climb 4000 ft or below, squawk 1234“.

Das ist seit diesem Zeitpunkt passé. Freigaben gibt es nur noch wie tagsüber auch, z. B. über die üblichen Pflichtmeldepunkte.
Wird man von MANNHEIM TWR entlassen, nimmt man mit LANGEN INFORMATION Kontakt auf. Spätestens jetzt erhält man einen squawk.

Wenn wir gerade beim Sprechfunk sind. Zwingende Voraussetzung bei Nachtflügen ist ein souveränes Beherrschen des Sprechfunks. Deutsch ist zwar möglich, aber man ist damit im Nachtfluggeschehen ein Fremdkörper, besonders wenn man auf eine RADAR-Frequenz geschickt wird.
Selbst gutwillige Lotsen verfallen immer wieder in die englische Phraseologie, weil bis auf die an einer Hand abzuzählenden VFR-Night-Flieger nur IFR-Verkehr ist. Für alle Beteiligten ist es also leichter, konsequent den Funk in Englisch abzuwickeln. Spätestens bei Kontakt mit STRASBOURG APPROACH ist es eh vorbei mit Deutsch. Französisch wäre dann noch eine Alternative. Die meisten von uns werden wohl Englisch vorziehen.
Was erfahren wir von STRASBOURG APPROACH?
Sie bieten uns wahrscheinlich den VFR-reporting-point ROMEO zum Anflug auf Baden an, weil wir ja VFR unterwegs sind. Wer nicht gerade hervorragende Ortskenntnisse besitzt, ist jetzt aufgeschmissen – wie soll ich bei Nacht einen Sichtflug-Wegpunkt identifizieren? Mit GPS geht das natürlich.
Eine schöne und lehrreiche Alternative ist m.E., einfach über das ILS einzufliegen. Also: „Request direct to ILS RWY 21 for practice approach.”

Sitzt man dann auf dem ILS, erhält man die Anweisung, BADEN TWR zu kontaktieren und bekommt die Landefreigabe.

Falls man nur einen Touch and Go vorhat, wird man nach seinen weiteren Intentionen gefragt: „What are your intentions after Touch and Go?“ Mögliche Antwort: „Via Traffic circuit to Karlsruhe VOR and back to Mannheim“. Und erhält dann die folgende Freigabe: “…You are cleared Touch RWY 21, thereafter leave control zone via ROMEO”.

Auch beim Rückflug wird man dann i.A. von BADEN TWR an STRASBOURG APPROACH weitergegeben um danach wieder LANGEN INFORMATION zu kontaktieren.

Nun gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten Mannheim anzufliegen, entweder über einen Pflichtmeldepunkt (z.B. SIERRA) oder z. B. über den IAF (Initial Approach Fix) RINEX und dann das übliche IFR-Anflugverfahren über den Localizer von EDFM. Entscheidet man sich für das Letztere, sollte man das aber – am besten vor dem Abflug – mit dem Mannheimer TWR abgeklärt haben.

Im Laufe des Anflugs auf Mannheim teilt man seine Absichten, über RINEX und den Localizer anzufliegen, LANGEN INFORMATION mit. Ein paar Minuten vor RINEX wechselt man zu MANNHEIM TWR und erhält folgende Anweisung: „Report localizer established“ Ist man dann auf dem localizer, meldet man dies und bekommt dann die Landefreigabe.

Hat man sich dagegen für einen Anflug über SIERRA entschieden, hat man das gleiche Verfahren bzw. den gleichen Sprechfunkverkehr wie bei Tag zu erwarten. Lässt man nun das ganze Prozedere Revue passieren, kommt man zu einem zwiespältigen Ergebnis.
Einerseits läuft es es kaum anders ab als bei Tag, andererseits ist das fliegerische Empfinden bei Nacht deutlich anders. Sichtnavigation wie bei Tag ist kaum möglich, ein erkennbares Horizontbild ist praktisch nicht vorhanden (außer bei Vollmond), über gering besiedelten Gebieten gibt es in dunklen Nächten nichts mehr, an was man sich orientieren kann.

Im Grunde genommen bewegt man sich mehr wie ein IFR-Flieger. Was zur Konsequenz hat, dass Funknavigation, sauberes Fliegen nach künstlichem Horizont und auch die Fähigkeit, exakt eine Höhe einzuhalten, Voraussetzung für Fliegen bei Nacht sein muss.
Das Problem ist – wir sind weder Fisch noch Fleisch. Um Irritationen und Missverständnissen aus dem Weg zu gehen, gibt es eine schlichte Empfehlung: Einfach ein IFR-konformes Routing im Flugplan angeben und über ILS bzw. Localizer anfliegen.
Hilfreich sind hierbei die Enroute chart / Unterer Luftraum und IFR-Anflugkarten. Wenn man unsicher ist, ein Anruf bei AIS und man erhält Unterstützung und Tipps zur Streckenführung.
Eins sollte allerdings klar sein. „Echter“ IFR Verkehr hat immer Vorrang. Bei Freigaben (z. B. Einflug über ein ILS) haben wir also zurückzustehen und mit Einschränkungen zu rechnen.

Beachtet man obenstehendes, so macht es die Sache für alle einfacher. Dieses „einfacher“ setzt aber einiges – wie erwähnt – voraus.

  • Die souveräne Beherrschung der englischen Sprechfunkverfahren
  • Keine Probleme beim Handling des Flugzeuges, also präzises Fliegen – der Flieger macht was der Pilot will, nicht umgekehrt.
  • Solide Kenntnisse und keine Unsicherheiten in Funknavigation
  • Kennen und Anwenden von Enroute charts und IFR-Anflugkarten

Aber auch diese Voraussetzungen sind kein Garant für eine problemlose Abwicklung eines VFR-Night Fluges. Den meisten Piloten, und da nehmen wir uns Fluglehrer nicht aus, fehlt schlicht und einfach die Routine. Grund dafür ist unter anderem, dass Nachtflug in Deutschland an sich nur im Winterhalbjahr, und das auch nur eingeschränkt durch Wetter und Schließungszeiten der Flugplätze möglich ist. Selbst die Fluglotsen müssen zu Beginn des Winterhalbjahres – wenn die Nachtflugsaison beginnt – wieder zuerst mit uns VFR-Fliegern warm werden. Bei all diesen Umständen kann man sich fragen, ob VFR-Nachtflug überhaupt Sinn ergibt.

Ich finde ja!

Es ist schlicht und einfach schön, beeindruckend und stellt eine interessante Herausforderung an die fliegerische Weiterentwicklung dar. Was kann man also tun, um auch den Flug bei Nacht sicher ablaufen zu lassen, insbesondere zu Beginn der Saison? Kurz gesagt, man fliegt zu zweit. Entweder mit einem erfahrenen Piloten oder einem Fluglehrer und teilt sich die Arbeit im Cockpit. Und noch etwas, etwas was für jeden Flug gelten sollte. Eine sorgfältige Flugplanung inklusive detaillierter Wetterinformationen ist unabdingbare Voraussetzung, für einen Nachtflug erst recht.

Ein Tipp zum Schluss. Wenn wir schon – fast zwangsläufig – in die Welt des IFRFliegens hineinschnuppern, wie wäre es mit dem Erwerb des AZF? Es wäre ein kostengünstiger Blick über den Horizont des VFR-Fliegens in die Welt des IFRFliegens. Und eine Horizonterweiterung hat noch nie geschadet.

Hermann Arend


Badisch-Pfälzischer Flugsportverein e. V. Est. 1926