Die IFR-Ausbildung – Ein Erfahrungsbericht

Unser Mitglied Felix Hormuth hat uns einen Erfahrungsbericht zu seiner IR-CB Ausbildung zukommen lassen.
Vielen Dank Felix.

Legal durch und über die Wolken mit IFR (Bild: Carolin Hormuth)

Gründe und Motivationen für ein IR-Rating dürfte es verschiedene geben. Manch eine(r) möchte einfach unabhängiger vom Wetter sein oder komfortabler und weniger an Luftraumstrukturen gebunden auf Strecke gehen können. Mehr Sicherheit durch Verbesserung der eigenen fliegerischen Fähigkeiten ist definitiv auch ein gutes Argument — wer schonmal VFR in einer mondlosen Nacht über der Pfalz unterwegs war, hat sich vielleicht gefragt, wo genau denn jetzt eigentlich diese Grenze zwischen Sicht- und Instrumentflug liegen soll.

Professioneller und sicherer zu fliegen und komplexere Verfahren routiniert zu beherrschen — auch im Zusammenspiel mit ATC — und dabei die technischen Möglichkeiten unserer Flugzeuge bestmöglich zu nutzen, dürfte bei mir letzlich den Ausschlag gegeben haben, den Gedanken an eine CB-IR-Ausbildung Ende 2019 in die Tat umzusetzen. 

Das AZF war schon aus PPL-Ausbildungszeiten in der Tasche, und die obligatorische Reintonaudiometrie hatte ich beim letzten Medical sicherheitshalber machen lassen. Also rasch bei der IFR-Flugschule für die Theorieausbildung angemeldet und die Zeit zwischen den Jahren für eifriges Büffeln genutzt. Bis auf ein Präsenzwochenende in Reichelsheim alles im Selbststudium. Die Theorieprüfung am LBA im März 2020 war nicht weiter spektakulär — bis auf die Tatsache, daß sie wegen Covid-19 die letzte vor einer mehrmonatigem Zwangspause sein sollte. Die gleiche Pause hatten wir dann ja leider auch im Flugbetrieb, so daß es Spätherbst wurde, bis ich auf unseren beiden DA40-Varianten ausgecheckt war und mich erfahren genug fühlte, um die praktische Ausbildung angehen zu wollen. Und dann: kam die nächste Zwangspause, zumindest was praktischen Flugunterricht in Mannheim anging… So verging die Zeit, und die Erinnerung an manch theoretische Finesse wie Staffelungsminima und ähnliche für den Piloten weniger relevante Details aus der Theorie verblaßte zunehmend — ohne bisher erkennbaren Schaden.

Die ersten fünf Praxis-Stunden habe ich daher zunächst mit Kai Platzer im Simulator in Egelsbach absolviert. Nein, nicht in dem von Diamond, sondern in der Nachbildung einer Cessna 172RG mit hypernervösem Höhenruder, einem Autopiloten ohne Höhenvorwahl, ohne nutzbares GPS und ansonsten sehr, sehr klassischer Instrumentierung. Das schult. Und vermittelt schnell einen Eindruck davon, daß IFR-Fliegerei zeitweise deutlich mehr Multitasking als VFR-Fliegen erfordert und man allgemein sehr davon profitiert, wenn man geschickt  vorausdenkt, -plant und -bereitet. Checkliste und Briefings bekommen einen höheren Stellenwert und das Vergessen derselben rächt sich noch viel mehr.
Nach drei Sitzungen in Egelsbach war ich dann aber austherapiert und es wurde Ende Januar Zeit, in die Luft zu gehen. Bei meiner ersten Stunde mit Richard kam auch gleich der praktische Nutzen eines Instrument Ratings zur Geltung: geschlossene tiefe Bewölkung in Mannheim und am Ziel Karlsruhe, darüber aber strahlend blauer Himmel. Die ersten ILS-Anflüge in Karlsruhe klappten passabel, und es war definitiv ein Erlebnis, erst ein paar hundert Fuß über dem Minimum die Piste tatsächlich dort zu sehen, wo man sie erwarten würde.

War die erste “echte” Stunde anstrengender als der Unterricht im Simulator? Definitiv nicht! Bei der Cessna 172RG muß man nämlich neben dem eigentlichen Fliegen und Navigieren die folgenden Dinge bespaßen: Spritpumpe, Klappen, Einziehfahrwerk, Lichter sowieso, Propellerverstellung, Throttle, Gemischregelung, Vergaservorwärmung. Bei einem simulierten Start in IMC alles in den ersten 1-2 Minuten.
Unsere DA40 mögen zwar ein komplexeres elektrisches System und einen komplizierteren Motor haben — für den Piloten sind sie im Normalfall dank der Einhebelbedienung aber deutlich einfacher zu handhaben. Damit bleiben viel mehr Kapazitäten übrig, um sich auf das eigentliche Geschäft zu konzentrieren.

Dank IFR und 130 Knoten: mit unseren DA40 sind auch ILS Anflüge in Frankfurt in Coronazeiten kein Problem. Hier Blick auf Frankfurt vom ILS 25 aus (Bild: Carolin Hormuth)

Was mir nach nach bisher 10 Stunden in der Luft auffällt: auch in VMC bleibt erstaunlich wenig Zeit zum Rausschauen, wenn man nicht gerade längere Zeit nur geradeaus fliegt. Es gibt immer was tun: Motoranzeigen prüfen, Frequenzen einstellen, ATIS abhören, Approach Briefing durchführen, GPS programmieren, Autopiloten einstellen, Autopiloten kontrollieren(!) etc… Eigentlich alles Dinge, die auch zu einem VFR-Flug gehören (können). Unter IFR ist gibt es hier aber weniger Spielraum. Unvorbereitet oder nicht vollständig konfiguriert auf dem ILS anzukommen oder ganz allgemein “hinter das Flugzeug” zu kommen, ist nicht schlechter Stil , sondern der Nährboden für unstabilisierte Anflüge, die im besten Fall in einem länglichen Go-Around oder im schlimmsten Fall im Erdboden enden, wenn in IMC der Glideslope nach unten verlassen wird.
Klingt anstrengend, ist es am Anfang vielleicht auch, wird aber bald besser. Man kriegt schnell den Bogen raus, wie sich Aufgaben sinnvoll im Voraus abarbeiten lassen, um spätere Hektik zu vermeiden. Eine gute Vorbereitung am Boden, z.B. Studium der verschiedenen An- und Abflugkarten, spart Zeit im Cockpit. Übung und wachsende Vertrautheit mit der Avionik bringen Schnelligkeit und vermeiden Fehler bei der Bedienung. Konsequentes Anwenden von Callouts und Checklisten schafft Sicherheit und Routine. Das sind alles Dinge, die einem auch unter VFR zugute kommen!

Und wenn man dann im Rahmen einer typischen Unterrichtseinheit auf dem Rückweg von z.B. Frankfurt Hahn nach Mannheim ist, dann kehrt auch plötzlich wieder Ruhe ein. Auf den Radarfrequenzen herrscht aktuell am Wochenende bei schönstem VFR-Wetter verglichen mit FIS quasi Sonntagsruhe, und man kann wieder entspannt die Landschaft unter sich betrachten — und nach VFR-Fliegern Ausschau halten.

Nach weiteren 15 Stunden Praxis steht der Zwischencheck durch die IFR-Flugschule an, dann folgen weitere 10 Stunden und schließlich die Prüfung. Das paßt dann insofern ganz gut, um vor dem nächsten Winter mit seinen kommenden Vereisungsbedingungen fertig zu werden, aber vorher auch noch ein paar sommertypische Wetterlagen erlebt zu haben. Mit dem Instrument Rating auch bei anspruchsvollerem Wetter fliegen zu dürfen, heißt eben auch, sich viel mehr mit dem Wetter und Wettergefahren auseinandersetzen zu müssen. Nicht ohne Grund ist das auch von der Anzahl der Fragen her der größte Brocken in der Theorieprüfung. 

Abschließend noch ein paar persönliche Tips zu Theorie und Praxis:

Mit welchen Materialien soll ich mich auf die Theorieprüfung vorbereiten? 
Ganz bestimmt nicht nur mit der Standard-Lernsoftware der IFR-Schule (Boeing Courseware). Aus verschiedenen Quellen lernt es sich besser — Bücher wie “IFR Kompakt”, “Flugwetterkunde” oder der Fragentrainer von Aviationexam sind gute Möglichkeiten und auch für später gute Quellen zum Auffrischen.

Wieviel Erfahrung mit der DA40 bzw. dem G1000 soll ich zu Beginn der Praxis haben?
Schwer zu sagen — ich habe etwas länger gebraucht, bis ich die DA40 nicht mehr wie eine Cessna landen wollte. Abgesehen davon sollte man sich in jdem Fall mit der Avionik gut vertraut gemacht haben, sei es auf VFR-Flügen oder mit dem G1000-Trainer am Boden. Mir hat es extrem viel geholfen, einige Male als “Beifahrer” bei fertigen IFR-Piloten mitzufliegen, und hier nach und nach mehr Funkerei und G1000-Bedienung zu übernehmen. Auch das Priorisieren und frühzeitige Abarbeiten von Aufgaben läßt sich so schon gut üben.

Low Approach EDDF mit der DA40 (Bild: Ingmar Bruder)


Gibt es Verfahren, die sich unter VFR üben lassen und die mir bei der IFR-Ausbildung helfen?
Definitiv! Hauptsache, es hockt jemand auf dem rechten Sitz, der einem das Rausschauen abnehmen kann — sonst leidet die Sicherheit. Dann gehen aber z.B.: klassisches Erfliegen von Pitch/Power-Settings für gewünschte Geschwindigkeiten und Sinkraten, Fliegen von selbstdefinierten Holdings (aber bitte nicht an Punkten, wo für IFR standardmäßig welche eingerichtet sind!), oder auch mal unser Localiser in Mannheim, wenn die Verkehrslage und unser Tower es zulassen. 

Mit welchem Kartenmaterial soll ich fliegen?
Knifflige Frage. Persönlich verwende ich die Karten von Jeppesen in Foreflight, die es beide für IFR-Flugschüler teils stark rabattiert gibt. Ich finde inbesondere die Approach-Karten deutlich übersichtlicher als die Originale der DFS. Es graut mir aber vor dem Tag, an dem ich kein Flugschüler mehr bin, denn ohne den Rabatt werden die Jeppesen Karten plötzlich extrem unattraktiv. Vielleicht lohnt es sich, ab und zu auch mal mit anderen Karten zu fliegen, um flexibel zu bleiben. Aber im Prinzip gibt es keinen guten Grund, nicht mit Skydemon, DFS-Karten und dem Autorouter-Portal seine IFR-Flüge zu planen und durchzuführen. Ich wollte für mich persönlich nur mal etwas Neues, Integriertes ausprobieren.

Wie wichtig ist die AZF-Ausbildung?
Nach meiner Erfahrung: sehr! Bei der vereinsinternen AZF-Ausbildung haben wir nämlich nicht nur IFR-gerechtes Funken gelernt (das im Übrigen einfacher als VFR-Funk ist), sondern vor allem auch Karten zu lesen. Genau das  lernt man im Theorie(fern)unterricht aber nicht wirklich. Also entweder muß es dann mit der Praxis kommen oder man hat zum eigenen Vorteil die Mannheimer Schule durchlaufen. Rein mit Buch oder Software-Trainer zu üben, wird sich schon in Eschborn bei der Prüfung rächen.


Badisch-Pfälzischer Flugsportverein e. V. Est. 1926