Mehr als ärgerlich

Was nicht sein müsste…

Den falschen Pflichtmeldepunkt angeflogen und diesen auch noch um 3 Meilen verpasst. Gegenanflug 27 gemeldet, aber im rechten Gegenanflug 09 unterwegs. Die Landefreigabe nicht zurückgelesen und dann – anstatt auf dem Abstellplatz – auf Rollweg Golf geparkt…

 

Wer meint, so was kann nicht passieren, der sollte mal die Mannschaft auf dem Tower fragen.

 

Wenn der betreffende Pilot mit dem Flugplatz nicht vertraut ist, vielleicht die deutsche Sprache nicht beherrscht und mit einem holprigen Englisch daherkommt, kann man ja vielleicht noch einen Funken Verständnis aufbringen und das Ganze mit einer Belehrung und Ermahnung abtun.
Wenn das aber einem ortsansässigen Piloten passiert, da gibt es wohl nichts mehr zu entschuldigen. Eine offizielle Meldung ist da nicht mehr auszuschliesen.

 

Sicher, Fehler macht jeder mal, ob Anfänger oder erfahrener Fluglehrer, das liegt in der menschlichen Natur.

 

Überforderung, Ablenkung, eingeschränkte oder falsche Wahrnehmung, Missverständnisse, all das kann auch bei Profis zu Fehlverhalten führen. Es gibt aber Fehler, die unnötig sind, einfach nur aus Unkenntnis oder mangelnder Fortbildungsbereitschaft entstehen. Man ist einfach „nicht auf dem laufenden“.

 

Schauen wir uns doch einmal ein paar dieser Situationen an, die hier in Mannheim immer wieder zu Missverständnissen, Ärger und manchmal auch zu gefährlichen Konstellationen führen. Fliegt man den Mannheimer Platz an, kann man beispielsweise zwei un terschiedliche Anweisungen bekommen:
„Fliegen Sie in die Kontrollzone über Sierra… / Enter control zone via Sierra…“
oder
„…Melden Sie Sierra / Report Sierra“
Im ersten Fall bedeutet dies, dass man in die Kontrollzone einfliegen darf, auch wenn wegen Überlastung der Funkfrequenz eine aktuelle Meldung über Sierra nicht möglich ist. Man meldet sobald als möglich: „…Sierra passiert / passed Sierra“ und erhält die Freigabe „…Fliegen Sie in die Platzrunde 27 / join traffic circuit 27“.
Im zweiten Fall erhielt man keine Einflugfreigabe. Also hat man über Sierra zu halten bis Funkkontakt hergestellt und die Meldung „…Sierra 2000ft“ abgesetzt werden kann. Der Begriff „halten“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass man über Sierra zu kreisen hat.

 

Wenn wir schon beim Kreisen sind, auch hier muss man zwei verschiedene Anweisungen unterscheiden.
„Machen Sie einen Vollkreis rechts / make a three sixty to the right“ bedeutet, dass man i. A. nach Beendigung des Vollkreises den Anflug fortsetzen kann. Eine Meldung an den TWR: „Vollkreis beendet / three sixty completed“ kann nichts schaden.
Im anderen Fall kann es heißen: „Kreisen Sie rechts / orbit to the right“. Hier werden solange Vollkreise an den Himmel gemalt, bis man vom TWR weitere Anweisungen bekommt. Wird man zu einem Standardvollkreis aufgefordert, erwartet man einen 2-
Minuten-Vollkreis.

 

Wenden wir uns einer unerfreulichen Schlampigkeit bzw. Gedankenlosigkeit zu:
Ein Pilot in Mannheim meldet: „…Gegenanflug 09 / downwind 09“. Diese Meldung bedeutet nichts anderes, dass er sich nördlich von der Bahn über Neuostheim befindet – was wohl in den seltensten Fällen der Wahrheit entsprechen dürfte.
Korrekt wäre „…rechter Gegenanflug 09 / right downwind 09“ gewesen.
Während man in Mannheim noch vermuten kann, dass sich der Flieger bei obiger Falschmeldung mit hoher Wahrscheinlichkeit im rechten Gegenanflug befindet, kann z. B. in Mosbach eine Falschmeldung andere Piloten in helle Aufregung versetzen.
Hier gibt es nämlich eine nördliche und eine südliche Platzrunde. Und somit sowohl einen Gegenanflug 15 als auch einen rechten Gegenanflug 15, wobei dann bei einer Falschmeldung die tatsächliche Position um etliche Meilen von der gemeldeten differiert.

 

Bleiben wir bei der Platzrunde.
„Verlängern Sie den Gegenanflug / extend downwind“. Diese Aufforderung bekommt man meist, wenn gerade ein IFR-Anflu
g vorliegt. Meist erhält man noch die zusätzliche Information: „Ich rufe Sie für Eindrehen Queranflug / I call you for turning base“ und/oder „Sie sind Nummer zwo hinter (Flugzeug) melden Sie Verkehr in Sicht / you are number two behind … report tra
ffic in sight “.
Was passieren kann, wenn man diese Anweisungen nicht korrekt verstanden hat, kann man sich leicht ausmalen – man fliegt einer anfliegenden Maschine direkt vor die Nase. Also bei der geringsten Unsicherheit – oder wenn die anfliegende Maschine nicht gesehen wird – nachfragen! Wenn das betreffende Flugzeug keinen Faktor mehr darstellt, bekommt man i. A. die Aufforderung: „Setzen Sie Ihren Anflug fort / continue approach“.

 

Apropos Anweisungen verstehen bzw. nicht verstehen.
Gerne wird das Wörtchen „Wilco“ verwendet. Ich habe schon erlebt, wie vom TWR dann zurückkam: „Dann sagen Sie mir bitte einmal, was Sie verstanden haben“. –„Äh…..“. Also noch mal, wenn etwas nicht klar ist – nachfragen!
Machen wir einen Start von der Piste 09. Ab und an bekommt man dann die Startfreigabe mit dem Zusatz: „…nach dem Abheben steigen Sie geradeaus / after T/O climb on runway heading“. Ursächlich für diese Anweisung ist höchstwahrscheinlich ein IFR-Anflug über den Localizer in Richtung RWY 27. Da aber die 09 in Betrieb ist, wird dieser Anflug in etwa 3,5 NM abgebrochen und führt in die Rechtsplatzrunde 09. Erst wenn die anfliegende Maschine das gestartete und im Steigflug befindliche Flugzeug passiert hat, kann dieses sein beabsichtigtes Abflugverfahren fortsetzen, also z.B. nach rechts wegkurven. Ähnliches bezweckt man mit der Anweisung, die man zusätzlich zur Startfreigabe erhält: „Rechtskurve (Linkskurve) sobald als möglich / right (left) turn as soon as possible“. Hier beabsichtigt man, möglichst zügig die IFR-Abflugroute für nachfolgenden Verkehr freizumachen. „D-…. starten Sie durch / D-…. Go arround“.
Wer jetzt noch meint, mit dem Lotsen eine Diskussion darüber anzufangen, ob nicht vielleicht doch eine Landung die bessere Wahl wäre oder den Funkspruch schlicht ignoriert und landet, der hat etwas Wesentliches nicht verstanden. Dies war keineswegs eine freundliche Empfehlung, sondern die verbindliche

 

Anweisung, das Manöver ohne Wenn und Aber durchzuführen.
Machen wir jetzt mal eine Landung auf der 27 Gras. Der Endanflug führt über den Rollhalt der Piste 27. Steht dort gerade ein großer Flieger, kann es sein, dass man kurz vor dem Aufsetzen dem Leitwerk des wartenden Flugzeug gefährlich nahe kommt. Deshalb bitte hoch genug anfliegen und erst bei der ersten Doppelreiter-Reihe aufsetzen – ansonsten wird man sich einen Anpfiff einfangen, so wie auch ich schon einmal die Ehre hatte.

 

Vielleicht noch ein paar Kleinigkeiten.
Üblicherweise bekommt man nach der Landung auf der 27 die Freig abe über die Rollwege DELTA und ALPHA zu Vorfeld zu rollen. Stehen aber z.B. ein oder mehrere Flugzeuge vor dem Rollhalt Piste 27, kann man die Anweisung erhalten: „…überqueren der Piste 27 genehmigt, über FOXTROTT und GOLF zum Vorfeld/…cross RWY 27 approved, via FOXTROTT and GOLF to the apron“.
Dies bedeutet nicht , dass man die Piste 27 entlang rollt und dann rechts in FOXTROTT abbiegt, sondern explizit die Freigabe, die Piste 27 zu überqueren und dann links in FOXTROTT abzubiegen. Zu guter letzt, rollt man von der Halle zur Tankstelle oder umgekehrt, gibt es keine Freigaben, man informiert sich lediglich gegenseitig: „… von der Halle zur Tankstelle“ und erhält ein „Verstanden“ als Antwort. Das war’s und man rollt eigenverantwortlich zur Tankstelle.

 

Wer wirklich Interesse daran hat, fliegerisch „auf dem laufenden“ zu bleiben, dem stehen im BPFV alle Möglichkeiten offen:
Jeden dritten Montag im Monat findet der INFO-Hock statt. Wie der Name schon sagt, Infos rund um’s fliegen.
Jeden Mittwoch kann man den Sprechfunk-Refresher besuchen. Sehr zu empfehlen! Korrekten Sprechfunk und insbesondere die Fähigkeit, sich mit Hilfe des Sprechfunks ein Bild über die Verkehrslage machen zu können, kann man nicht hoch genug bewerten.
Und nicht zu vergessen, wir Fluglehrer stehen jederzeit für Fragen und Trainingsflüge zur Verfügung.

 

Also, Ausreden gelten jetzt nicht mehr.

 

Hermann Arend,
Ausbildungsleiter BPFV

Badisch-Pfälzischer Flugsportverein e. V. Est. 1926