Landung bei Seitenwind

crosswind_warning„Wind 190 mit 15 Knoten, in Böen 20 Knoten, Piste 27 Landung frei“ – Das hört man nicht gern, besonders, wenn man kein alter Fuchs ist mit Tausenden von Landungen in allen möglichen Variationen.

Um es vorweg zu nehmen. Auch für den alten Fuchs ist eine Landung mit heftigem Seitenwind, eventuell auch noch mit Böen garniert, eindeutig risikoreicher als eine Landung bei moderaten Windverhältnissen.
Dabei sind Seitenwindlandungen mit Spornradmaschinen deutlich kritischer als bei Bugradmaschinen. Ich kenne einen sehr erfahrenen Fluglehrer, der eine DO 27- einen Spornradflieger – besitzt. Bevor er auf einem Flugplatz wirklich landet, informiert er sich über Funk über die tatsächlichen Windverhältnisse. Ist die Seitenwindkomponente über seinem Limit, und das sind gerade mal 5 Knoten, landet er nicht, sondern fliegt zu einem Ausweichplatz. Wie gesagt, ein sehr erfahrener Fluglehrer.

Ganz so pingelig muss man bei Bugradmaschinen nicht sein. Wegen des deutlich vor dem Hauptfahrwerk liegenden Schwerpunktes und des führenden Bugrades ist hier das Handling wesentlich einfacher.

Aber auch hier kann es sehr schnell kritisch werden, wenn die Maschine nach der Landung, sagen wir mal, wegen Seitenwind von links, nach links ausbrechen möchte. Unter hoher Anspannung neigen dann vor allem noch unerfahrene Piloten dazu, zum „Autofahren“ überzugehen – sie drehen das Steuerhorn nach rechts. Das führt dazu, dass die dem Wind zugewandte Fläche sich hebt und das Flugzeug über das Bugrad und rechte Hauptfahrwerk anfängt zu kippen. Gelingt es nicht spätestens jetzt durch einen beherzten Tritt in das rechte Seitenruder und volles Querruder links (macht in der Schulung dann der Fluglehrer 🙂 ), das Kippen noch abzuwenden, kann man i. A. einen kapitalen Schaden verbuchen. Propeller verbogen, Motor Shockloading, Fläche und Fahrwerk beschädigt, der Schaden liegt dann schnell im fünfstelligen Bereich.
Nicht wenig Geld kann man auch durch einen anderen Fehler auf der Landebahn lassen.
Die meisten Piloten bevorzugen nämlich bei Seitenwind einen Anflug mit Vorhaltewinkel. Schafft man es nicht, das Flugzeug unmittelbar vor dem Aufsetzen in Landebahnrichtung auszurichten, setzt man schiebend auf. Die Reifen danken mit kräftigem Gummiabrieb. Wenn es ganz arg kommt, ist ein Reifenwechsel fällig, der bei zwei Reifen mit mindestens 600 Euro zu Buche schlägt. Eine teure Angelegenheit.
Wenn man das so sieht, muss man sich fragen, gibt es nicht ein Verfahren, eine Landung bei Seitenwind sicherer zu machen?
Ja, das gibt es – üben, üben und nochmals üben!
Dabei kann man prinzipiell zwei unterschiedliche Methoden unterscheiden.

  • Anflug mit Vorhaltewinkel
  • Anflug mit hängender Fläche („Vorwärtsslip“)

Welcher man nun den Vorzug gibt, spielt eigentlich keine große Rolle. Jede hat so ihre Vorteile bzw. Nachteile.

Wie erwähnt, wird von den meisten Piloten der Anflug mit Vorhaltewinkel bevorzugt, weil von der Fluglage her angenehmer empfunden. Wenn man unmittelbar vor dem Aufsetzen die Maschine gerade ausrichtet, hat man keine nennenswerte Abtrifft und der Flieger sitzt auf der Bahn. Schwebt die Maschine aber noch länger aus, driftet sie immer stärker ab und man kommt nicht umhin, doch die dem Wind zugewandte Fläche hängen zu lassen und mit dem Seitenruder die Maschine am wegkurven zu hindern. Dass man zuerst mit dem luvseitigen Hauptfahrwerk aufsetzt, ist dann normal.

So gesehen spricht eigentlich viel dafür, gleich mit hängender Fläche anzufliegen. Man behält quasi bis zum Aufsetzen annähernd die gleiche Fluglage bei.
Die ungewohnte Fluglage ist aber vielen Piloten irgendwie zuwider. Erstens hängt man schräg mit dem Flieger in der Luft und zweitens muss man das Flugzeug deutlich mit einem kräftigen Druck auf das Seitenruder an seinem natürlichen Drang – nämlich zu kurven – hindern. Und man spürt auch, dass sich der Flieger gegen diese „Vergewaltigung“ wehrt.
Hilfreich beim Einüben dieser Methode ist, wenn man sich die Wirkung der Ruder versucht getrennt bzw. unabhängig voneinander vorzustellen,
Die Querruder korrigieren die Fluglage bezüglichen der Centerline, also die Drift nach links bzw. rechts.
Bei Seitenwind von links bedeutet dies, mehr Querruder nach links driften, weniger Querruder nach rechts driften.
Das Seitenruder dient dazu, die Flugzeugnase in Landebahnrichtung zu halten bzw. am Wegkurven zu hindern.
Je stärker der Querruderausschlag, desto kräftiger muss man im Seitenruder stehen.

Aber wie gesagt, wer den Anflug mit Vorhaltewinkel bevorzugt und gut damit zurecht kommt, der soll auch dabei bleiben.

Den einen oder anderen Euro Flug- und Landegebühr kann man sparen, wenn man sich zu Hause in einer stillen Stunde in den Sessel setzt und die Bewegungsabläufe mental durchspielt.
Ansonsten gilt oben erwähntes „Verfahren“ – üben, üben und nochmals üben!

Wer es nicht allein machen möchte, wir Fluglehrer stehen dafür jedem, der unsere Unterstützung in Anspruch nehmen möchte, gerne zur Verfügung.

 

Hermann Arend
Ausbildungsleiter im Badisch-Pfälzischen Flugsportverein e. V.
„Wind 190 mit 15 Knoten, in Böen 20 Knoten, Piste 27 Landung frei“ – Das hört man nicht gern, besonders, wenn man kein alter Fuchs ist mit Tausenden von Landungen in allen möglichen Variationen. Um es vorweg zu nehmen. Auch für den alten Fuchs ist eine Landung mit heftigem Seitenwind,…

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