Landet man heute anders als früher?

Anfang der 70er Jahre sagte mein Fluglehrer zu mir: „Jede Landung ist eine Gleitfluglandung“ und meinte damit, dass man an einem bestimmten Punkt in der Platzrunde das Gas herauszieht und den Rest irgendwie mit Klappeneinsatz oder auch ohne so hinbekommt, dass man sicher die Bahn erreicht. Vielleicht war das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Motoren noch nicht sehr tief.

Dementsprechend war jede Landung auch eine Ziellandung – warum sollte das schlecht sein?
Ist es auch nicht!

Zielgenau ohne Motorhilfe landen zu können trainiert man in der Ausbildung ja auch heute noch, nur wird dies nicht mehr als die Normallandung angesehen.

Man hat in den vergangenen Jahrzehnten neue Erkenntnisse und Erfahrungen sammeln können, technische Gegebenheiten haben sich geändert und daraus folgend gibt man seit geraumer Zeit einem anderen Anflugverfahren den Vorzug:

Der Anflug erfolgt mit Motorleistung und über die Leistung wird der Gleitpfad gesteuert –  für die meisten von uns eine Selbstverständlichkeit, insbesondere für diejenigen, die ab etwa den achtziger Jahren geschult haben.

Das hat mehrere Vorteile:

Einmal wird der Motor geschont, da er nicht so sehr auskühlt. Angenehmer und der Sicherheit dienender Nebeneffekt – insbesondere bei vergaservereisungsträchtigen Bedingungen – die Vergaservorwärmung liefert genügend Wärme.

Kraftschlüssiges Anfliegen macht den Gleitpfad flacher – das Abfangen ist weniger ausgeprägt und demnach mit weniger vertikalen Beschleunigungskräften verbunden, die Landung wird einfacher.

Weiterhin umgeht man bei diesem Verfahren auch die Situation, wo man ein “Stehenbleiben“ des im Leerlauf drehenden Motors nicht bemerkt, weil der Propeller durch den “wind milling effect“ weiter dreht. Spätestens dann, wenn man Leistung nachschieben muss, wird man eiskalt von der Situation überrascht.

Und schließlich wird der Umstieg auf anspruchsvollere Muster bzw. definierte Anflugverfahren (z. B. PAPI oder ILS) einfacher, da hier nun wirklich keine Gleitfluglandungen gemacht werden können.

Da Mannheim einen LOCALIZER hat, kann man dies – die Zustimmung des Towers vorausgesetzt – wunderschöne 12 Meilen lang üben.

Ach ja, was man mir auch noch beigebracht hatte und auch heute noch oft praktiziert wird, ist das sofortige Einfahren der Landeklappen und Ausschalten der Vergaservorwärmung nach dem Aufsetzen.

Vom rechten Sitz aus erlebe ich schmunzelnd des öfteren – die Räder haben noch nicht richtig den Boden berührt – eine beeindruckende Betriebsamkeit und habe manchmal den Eindruck, dass einige hierbei ständig ihre persönlichen Bestzeiten verbessern wollen. (ich gebe es ja zu, ich habe es früher auch so gemacht)

Fangen wir mal mit der Vergaservorwärmung an.

Schaltet man die Vergaservorwärmung im (kurzen!) Endanflug aus, hat man den Vorteil, bei einem eventuellen Durchstarten sofort die volle Leistung zur Verfügung zu haben. Andererseits – wenn wir mal den Teufel an die Wand malen – könnte man ja doch noch Vereisungsprobleme bekommen.

Schaltet man sie unmittelbar nach den Aufsetzen aus, ist man in einer Phase abgelenkt, die hohe Aufmerksamkeit für ein sauberes Ausrollen fordert. Man verhindert aber das eventuelle Ansaugen von Schmutzteilchen.

Wie so oft im Leben, eine eindeutige Antwort gibt es eigentlich nicht. Es kommt auf den Standpunkt und die Gewichtung der persönlichen Prioritäten an.

Wenden wir uns nun den Landeklappen zu, auch eine zwiespältige Angelegenheit. Es wurde und wird immer argumentiert, dass mit ausgefahrenen Klappen die Bremswirkung über die Räder schlechter ist als mit eingefahrenen Klappen. Theoretisch mag das ja vielleicht auch noch stimmen.  Praktisch sieht das aber meist anders aus.

Wenn man noch ziemlich schnell ist, fliegt der Flieger mehr als er rollt. Daher hat man eine äußerst schlechte Bremswirkung über die Reifen. Voll ausgefahrene Klappen wirken da allemal besser.

Zudem ist mancher Pilot überfordert, gleichzeitig die Klappen einzufahren, Vergaservorwärmung auszuschalten, den Flieger geradezuhalten und auch noch die Rollfreigabe zurückzulesen.

Das Ergebnis ist dann ein Schlingern über die Piste (manche garnieren das Ganze außerdem mit heftigen Querruderausschlägen und quietschenden Reifen) und ein grauenhafter Sprechfunk – aber die Klappen sind drin.

Wie soll man es also machen?

Wägt man die Vor- und Nachteile der einzelnen Methoden ab, so spricht einiges dafür, zuerst einmal sauber von der Piste abzurollen (no action on runway) und dann erst auf dem Rollweg ordentlich die After landing items abzuarbeiten wie Klappen rein, Vergaservorwärmung aus, Pumpe aus, Transponder stby…

Aber noch mal, wer sich dafür entschieden hat, beispielsweise die Vergaservorwärmung im kurzen Endanflug auszuschalten, um bei Bedarf über die volle Motorleistung verfügen zu können – der kann dieses guten Gewissens auch weiterhin tun.

Es gibt Gründe und Situationen, die es empfehlenswert erscheinen lassen, die eine oder andere Methode vorzuziehen.

Nur eins sollte vermieden werden – unnötige Hektik!
Hermann Arend
BPFV-Ausbildungsleiter


Badisch-Pfälzischer Flugsportverein e. V. Est. 1926