Der Mixer

Gott sei Dank haben wir zwischen Bedienhebeln und Motor keine Black Box, die unsere meisterlichen Tätigkeiten an eben diesen einfach ignoriert und so umsetzt, wie sie per programmierter Software meint, dass es für den Motor am besten ist.

So kann der Piloteur noch seine außergewöhnlichen Fähigkeiten demonstrieren. Allein die Zeremonie des Anlassvorgangs ist für einen ahnungslosen Fluggast ein eindrucksvolles Schauspiel. Ok, der Motor läuft. Machen wir einen Sprung auf die Reiseflughöhe. 

Jetzt kommt der rote Knopf ins Spiel, der Mixer.

Da wird gezogen, gedrückt und gedreht – beinahe geht der Motor aus – und irgendwann macht der Pilot ein zufriedenes Gesicht. So, perfekt geleant. Seltsamerweise kommen fünf verschiedene Piloten zu sechs verschiedenen Ergebnissen, wie richtig geleant ist. Fangen wir deshalb von vorne an und gehen wieder zu unserem Flugzeug zurück auf den Boden. Der Motor läuft und wir erhalten die Rollfreigabe. 1000 RPM und der Flieger rollt im richtigen Tempo über den Rollweg.

Die Amerikaner haben hier ein Sprüchlein „Lean for taxi“. Was heißt das? Nun, bei sehr niedrigen Drehzahlen kann es sein, dass das Gemisch zu fett ist und das Ergebnis könnte sein, dass die Zündkerzen verrußen. Das Gemisch abmagern, dass der Motor gerade noch rund läuft, kann dies verhindern. Die Verbrennung ist heißer und die Selbstreinigung der Zündkerzen klappt besser. Bei so geringer Motorleistung braucht man keine Angst zu haben, etwas falsch zu machen. Hier kann man dem Motor keinen Schaden zufügen. Wenn man zuviel leant, geht der Motor einfach aus.

Start, Steigflug. Wenn nichts anderes im Handbuch steht, bleibt der Gashebel ganz vorne. Ein leichtes Zurücknehmen („die Spitze herausnehmen“) ist fehl am Platz. Hierbei wird nämlich die Anreicherung abgeschaltet und der Motor läuft magerer, d.h. heißer. Wer jetzt auch noch leant, tut alles, den Motor möglichst schnell zu ruinieren. Also Finger weg vom Mixer.

Wie bei allem gibt es auch hier Ausnahmen. Sehr heißes Wetter (Dichtehöhe!) und/oder Höhen über 3000 ft, da kann es sinnvoll sein, den Mixer soweit herauszuziehen, bis der Motor wieder schön rund läuft – aber nicht mehr! Das gleiche gilt beim Start auf sehr hochgelegenen Plätzen. Hilfreich ist hier ein Blick ins Flughandbuch.

Gehen wir wieder auf unsere Reiseflughöhe.

Der Einfachheit halber betrachten wir bzgl. Reiseleistung drei Szenarien:

  • 75% Leistung oder mehr
  • 65 %  Leistung
  • 60 % Leistung oder weniger

Schauen wir uns Bild 1 an. So in etwa könnte sich der Verlauf der Kurve der Exhaust Gas Temperature (EGT) und der Kurve der Cylinder Head Temperature (CHT) bei einer Leistung von 75% darstellen.

In etlichen Flughandbüchern wird empfohlen, bis zur höchsten Abgastemperatur (peak) das Gemisch zu verarmen und dann wieder 2 Teilstriche, sprich 50° F anzureichern. Zu was das führt, kann man in der Darstellung sehen. Jetzt ist die Zylinderkopftemperatur am höchsten. Dazu ein paar Worte. Der Zylinderkopf unserer Motoren besteht aus einer Aluminiumlegierung . Diese verändert ihre Materialeigenschaften mit zunehmender Temperatur, sie verliert an Festigkeit – und das sehr rapide bei Temperaturen über 400° F. Das heißt nichts anderes, dass wir tunlichst den Bereich über 400° F vermeiden sollten.

So gesehen ist die oben erwähnten Empfehlung, soweit anzureichern, dass die EGT um 50° F unter dem höchsten Wert liegt, für den Motor der worst caseBleiben zwei sinnvolle Möglichkeiten, die Zylinderkopftemperatur in einen kühleren Bereich zu bringen – man leant entweder in den armen Bereich (Luftüberschuss) oder man fliegt mit vollreichem Gemisch. Ersteres Verfahren funktioniert nur mit Einspritzmotoren, z. B. bei unserer D-EIFV. Bei Vergasermotoren, also bei allen anderen unserer Flieger scheidet dieses Verfahren aus, da die Gemischaufbereitung bei diesen zu ungleichmäßig ist. Bleibt also nur die Möglichkeit, vollreich zu fliegen, bzw. – wie schon erwähnt – bei hohen Temperaturen und/oder größeren Höhen, den Mixer soweit herausziehen, wie bereits oben erläutert.

Wenden wir uns Bild 2 zu, jetzt bei 65% Leistung. Auch hier führt die Empfehlung, Peak minus 50° F zu leanen, zu unerwünscht hohen CHT-Werten. Hier haben wir allerdings die Option, auf Peak zu leanen (gelb), was einmal zu moderaten CHT-Temperaturen und – ein erfreulicher Nebeneffekt – zu einem deutlich geringeren Spritverbrauch führt. 

Nun zum letzten Bild. Hier haben wir 60% Leistung eingestellt. Diesmal können wir im Prinzip nichts falsch machen. Egal wie wir leanen, die Zylinderkopftemperatur bleibt unter der kritischen 400° F Marke. Magern wir jetzt noch soweit ab, bis die höchste Temperatur erreicht ist, drücken wir die CHT auf für den Motor sehr gesunde Werte.

Fazit: Wenn man schon mit 75% Leistung meint fliegen zu müssen, dann nur vollreich, bzw. nur soweit verarmen, dass der Motor wieder rund läuft. Wesentlich besser ist es, mit maximal 65% zu fliegen. Hier führt die Option, auf Peak zu leanen, zunächst zu einer erheblichen Spriteinsparung von 10% – 20%. Macht bei der C152 rund 10 € pro Flugstunde und bei der C182 gar 20 € und mehr Ersparnis.

Weiterhin dankt der Motor die schonende Behandlung (niedrige CHT-Temperaturen) mit einem längeren Leben. Beide Effekte machen letztendlich das Fliegen billiger.

So gesehen haben wir es selbst in der Hand (im wahrsten Sinne des Wortes) die Flugstundenkosten auf einem noch halbwegs vertretbaren Level zu halten.

Hermann Arend


Badisch-Pfälzischer Flugsportverein e. V. Est. 1926